Angst und Anfechtung – Interview mit Br. Jan
„Furcht gibt es in der Liebe nicht, sondern die Liebe vertreibt die Furcht.“ So steht es in der Bibel. Aber wenn man sich in der Liebe auf einen Glaubensweg begibt, dann ist es manchmal schwer zu vertrauen, denn da gibt es ja auch die Anfechtung, die einem hin und wieder schwer zu schaffen machen können.
Es steht im Jakobusbrief: Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet, denn nach dem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, die Gott verheißen hat, denen, die ihn lieb haben.
Was ist Anfechtung? Kommt das nur aus uns oder spielen da auch andere Kräfte eine Rolle?
Anfechtungen und Ängste haben sehr viel miteinander zu tun, sie wollen uns vom Eigentlichen abhalten. Wir sind nun mal erdverhaftet und haben oft Angst, uns in diese andere Realität, die Realität des Glaubens und der Liebe hinein zu begeben.
In uns ist so der Widerstand, „es geht ja doch nicht“. Wie oft hören wir den Satz: Das ist nicht möglich. Zum Beispiel über das was in der Bibel steht „Feindesliebe „ das ist doch alles nur Utopie, das sind Wunschvorstellungen, das ist nicht real. Und der alte Adam in uns wehrt sich. Wir ahnen vielleicht, dass dieser Weg mit Jesus ein anderer Weg ist als nur verschließen und uns verkapseln und sagen: „aber doch nicht mit mir.
Feindesliebe gilt vielleicht für die Heiligen, aber doch nicht für mich“. Und von dem her ist der Boden für die Anfechtung sicher oft auch das Festhalten am alten Leben oder festhalten an den falschen Reichtümern, an den Dingen, die uns gefangen nehmen.
Aber Anfechtung ist sicher auch eine Prüfung.
Jedes Wertvolle wird geprüft, jede menschliche Liebe wird geprüft.
Wir haben weder in menschlichen Beziehungen, noch im Glauben nur Flitterwochen. Es gibt so Gnaden-zeiten, wie das Verliebtsein eines Paares oder der geistliche Aufbruch von Frisch bekehrten, die erfüllt sind von der Liebe Gottes. Aber es gibt auch diese Zeiten wo alles grau in grau zu sein scheint, wo alles dunkel zu sein scheint, wo Gott tot zu sein scheint, wo wir in die Wüste geführt werden, wo unsere Liebe zu Gott genauso geprüft wird wie unsere Liebe zum Menschen geprüft wird. Ob sie nur auf Gefühl ausgerichtet ist, ob ich Menschen oder Gott nur liebe, weil es mir jetzt dadurch gut geht oder ob ich einfach von mir aus mich drauf zu bewege.
Und da muss man sehen, unser ganzes Leben ist auch Weg, Weg in in die Ewigkeit. Jesus selber hat ja gesagt : „ Ich bin dieser Weg, ich bin die Wahrheit, ich bin das Leben.“
Und es geht drum, dass wir uns praktisch aus der Welt heraus begeben, auf diesen Weg, auf dieses Ziel Jesus Christus hin und da wehrt sich das alte Leben. Es ist oft so, wenn wir uns auf Gott zubewegen, wie bei einem Entzug von einem Süchtigen, der in der Sicherheit seines Gefängnisses, des Alkohols, der Drogen, der Kriminalität ist, aus dem er eigentlich raus möchte, aber wo er Angst hat vor dieser anderen Realität, Angst hat sich das zuzumuten, einen ganz anderen Weg zu gehen. Und da spielen sicher in unserem Leben die Anfechtungen eine gewaltige Rolle.
Das sind so quasi Fallstricke über die wir stolpern können, aber auch Prüfsteine, an denen wir wachsen können und reifen können.
Die Bibel sagt: „Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde, denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, der selbst versucht niemand, sondern ein jeder der versucht wird, wird von seinen eigenen Begierden gereizt und gelockt.“
Ist es also so, dass man sich darauf verlassen kann, dass wenn Anfechtungen an einen herantreten, nicht nur das Verlangen eines Süchtigen nach der Droge oder so, sondern auch wenn wichtige Entscheidungen im Leben anstehen und man das Gefühl hat, da sind Leute, die einem davon abraten wollen, wenn man sich auf einen geistlichen Weg begibt, das sind ja dann nicht Anfechtungen oder Versuchungen, die aus mir selber kommen, sondern die von außen an mich heran getragen werden. Ist also die Anfechtung auch was, was nicht immer nur aus mir heraus kommt, sondern zB. von irgendwelchen negativen Mächten oder bösen Mächten an mich heran getragen werden, um mich von Gott wegzuziehen?
Das ist sicher so der Fall, das können böse Mächte sein, das können einfach auch Menschen sein, wobei Jesus das ja sehr eng zusammen sieht. Ich denke, als Petrus sagt, das soll nicht geschehen, das er den Leidensweg geht, hat Jesus ja zu ihm gesagt : „Schweig Satan.“ Obwohl diese Reaktion von Petrus eine rein menschliche, besorgte Reaktion, um seinen Freund Jesus war. Dass er sagt,“ es kann nicht geschehen, dass dir etwas zustößt“. Einfach aus liebender Sorge. Und trotzdem kann diese Sorge eine Anfechtung sein, eine Abhaltung, die ihn vom Eigentlichen trennt.
Wir erleben ja, wenn junge Menschen etwa in der Frage sind, ob sie eine Priester- oder Ordensberufung ergreifen, dass sie sicher sehr vielen begegnen, die sagen : „ Ja lass doch das, liefere dich doch da nicht aus. Du hast dann keine Familie.
„ Dass da Menschen auch aus ganz natürlicher, menschlicher Sorge da Ratschläge geben, die vielleicht für den Betreffenden nicht grade das, wenn er wirklich eine Berufung hat, das Optimale ist.
Da ist es so, dass die Anfechtung sicherlich nicht von Gott kommt, aber Gott benutzt es, um unseren Ruf zu prüfen. Jeder Ruf geht durch die Läuterung und es ist auch wichtige, dass wir solchen Anfechtungen und Zweifeln ausgesetzt wird. Ich hab es in meinem Leben immer wieder so erfahren, wenn was sehr umkämpft war, von meinem Weg, auch wenn er vielleicht von allen in Frage gestellt worden ist, dann war das ungeheuer schmerzhaft.
So auch ein ganz hartes Ringen, dann muss ich ich mehr auf die anderen hören, dann bin ich nicht egozentriert, weil das, was ich im Herzen hab, weil ich das Wichtigste im Blick hab. Da kann man schon mal durch die Hölle gehen.Weil wir auch uns selber fragen müssen – liege ich nicht auf dem Holzweg, haben die anderen nicht recht?
Was wäre zum Beispiel, wenn jemand glaubt, er hat eine Ordensberufung und genau als er es festmachen will verliebt er sich total. Ist das schon eine Prüfung oder Anfechtung?
Wie kann man herausfinden, ob da nun Gott einfach die Treue prüfen will und die Berufung ist da oder etwas wo Gott einem zeigen möchte, du hast die Berufung nicht, du sollst lieber heiraten oder lieber in einer Beziehung leben. Wie kann man das herausfinden und eine Entscheidung finden?
Das ist sicher ein ganz hartes Ringen, eine ganz schwierige Situation, aber auch eine gute Situation. Also wenn ein Mensch tatsächlich eine Ordensberufung hat und verliebt sich kurz vorher, dann muss diese Ordensberufung diesem Verliebtsein standhalten. Weil wenn sie dem nicht stand hält, dann kommt sie früher oder später doch zu Fall.
Genauso kann s natürlich sein, dass er gar keine Berufung hat.
Es gibt auch Menschen, die sich in eine Ordensberufung flüchten, weil sie vielleicht Hemmungen haben auf einen Partner des anderen Geschlechts zuzugehen und plötzlich begegnen sie einem Menschen und diese Beklemmung wird dadurch überwunden, sie werden frei und es kann sich genauso erweisen, dass der Ordensruf eine Täuschung war.
Wie kann ich es herausfinden, das ist ja die ganz schwierige Gratwanderung.
Zunächst würde ich sagen, nicht schnell entscheiden, schon gar nicht nach Gefühlen entscheiden, sondern das immer wieder vor Gott hinhalten und reifen lassen.
Das was von Gott kommt bleibt.
Das was am Problematischsten ist, wenn Menschen meinen sie müssten Gas geben, so schnell wie möglich in den Hafen der Ehe oder so schnell wie möglich in ein Kloster. Das ist alles nicht astrein.
Paulus sagt, die Liebe ist geduldig und diese Geduld würde ich eine erste Voraussetzung nennen und die zweite wäre dann, wirklich zu hören und die Geister zu unterscheiden. So wie Ignatius sagt: „ Wenn du 2 Möglichkeiten hast, dann halte sie beide Gott hin, aber nicht im Kopf, sondern im Herzen erwägen und das was von Gott ist, da hält der innere Friede stand und das was nur menschliche Faszination ist oder Täuschung ist, da bleibt dieser Friede nicht.
Wenn man sich dann entscheidet, nicht den Ordensweg zu gehen, sondern die Beziehung einzugehen, einfach weil man schwach war und man Gott nicht die Treue halten konnte, in dem Augenblick oder weil man einfach nicht stark genug war, kann man du dann seine Berufung verfehlen oder ist das wirklich ein Hinweis darauf, dass man einfach nicht berufen ist?
Es ist natürlich beides möglich.
Es ist möglich, dass einer zu schwach war und es ist möglich, dass er auf seine eigenen Berufung gelenkt worden ist und vor einer Täuschung bewahrt worden ist. Das werden wir dann im nach hinein spüren, ob es richtig ist.
Die schwierigste Situation ist, wenn ein Mensch den Eindruck hat – eigentlich hätte ich den andern Weg gehen sollen und ich hab das Eigentliche verpasst. Wenn er sich im nach hinein darüber im Klaren wird oder zumindest vermutet, es wäre eigentlich der andere Weg gewesen, egal ob das jetzt Ehe oder Ehelosigkeit oder Orden ist.
Da denke ich, sollten wir nicht Vergangenheits – orientiert sein.
Wenn Gott 2 Wege zeigt, wenn sowohl Ehe wie Ehelosigkeit zum Beispiel möglich ist, dann ist das auch ein Zeichen, dass Gott Freiheit gibt. Und ich glaube nicht, dass Gott jemand fallen lässt, bloß weil er jetzt die eigentliche Berufung, die für ihn gedacht gewesen wäre, nicht ergriffen hat.
Ich bin ganz sicher, dass Gott mit jedem auch einen weiteren Weg geht, auch auf einer anderen Spur, als Gott sie vielleicht gedacht hätte.
Ich glaub zum Beispiel, wenn ein Priester geheiratet hat und da vielleicht schwach geworden ist, dass Gott auch in dieser neuen Situation, mit der Familie, die entstanden ist, mit Kindern, die da sind, etwas ganz Neues mit ihm machen kann, selbst wenn seine Berufung originär eine Priesterberufung war.
Gott lässt den Menschen nicht fallen. Es ist ihm wichtig, dass wir uns dann Gott ganz neu zuwenden und mit ihm weitergehen.
Br. Jan Hermanns