Ausschnitt aus der Fastenpredigt 3
Beim Fasten geht es darum, der Welt zu entsagen, um für das Eigentliche frei
zu werden. Dem Unwesentlichen, dass uns bindet, uns zu verweigern, um für das
Wesentliche offen zu werden. Zu verzichten auf die Mauern, die uns umgeben, um
offen zu werden, offen für Begegnung mit Gott und auch mit Menschen.
Liebe Schwestern und Brüder,
es umgeben uns viele Mauern. Wir sind oft verschlossen, haben uns eingesperrt
und wir haben es uns bequem gemacht, in unserm Gefängnis und haben nicht
selten Angst, auch da wieder raus zugehen. So wie ein Obdachloser eine
Sicherheit in seiner Szene, seiner Armut, in der Brücke, oder wo immer er
übernachtet, gefunden haben kann und Angst haben kann, vor der Unsicherheit
eines normalen Lebens, das ihm fremd geworden ist.
Fasten, das heißt, alte Sicherheiten, alte Gewohnheiten loszulassen, um
empfänglich zu werden, für etwas Neues, für das Eigentliche. Dieses Eigentliche
soll uns aufgeschlossen werden.
Fasten, es soll uns helfen offen zu werden, für den lebendigen Gott, unsere
Bindungen an die Welt zu lösen, um frei zu werden, für das Wesentliche. Frei zu
werden, für unsern Gott, der uns liebt.
Es geht um Liebe. Es geht um Gott. Es geht darum, dass wir uns ihm öffnen.
Der rechte Verzicht ist jener, wo wir loslassen, um etwas Größeren willen. Das tun Menschen, die ins Fasten gehen, um Gottes Willen. Die verzichten, um des Reiches Gottes willen. Die auf Brot verzichten, um der anderen Menschen willen, um Gottes Willen, die auf Nahrung verzichten.
Doch ist es immer wieder wichtig, dass unser Fasten rückgekoppelt ist, rückgekoppelt zur Liebe hin, dass es kein Selbstzweck wird.
Wir wissen, auch die Pharisäer und Schriftgelehrten haben gefastet, doch sie haben den Kopf hoch getragen. Sie waren stolz auf ihre Leistung. Es war kein Dienst, es war eine Selbstauszeichnung. Das ist nicht der Geist des Fastens, den Gott will. Es geht immer um die Liebe.
„Das ist das Fasten wie ich es liebe,
die Fesseln des Unrechts zu lösen,
die Stricke des Jochs zu entfernen,
die Versklavten frei zulassen,
jedes Joch zu zerbrechen,
an die Hungrigen dein Brot auszuteilen,
die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen,
wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen.
Dann wird dein Licht hervorbrechen, wie die Morgenröte und deine Wunden werden schnell vernarben. Deine Gerechtigkeit geht dir voran und die Herrlichkeit des Herrn folgt dir nach, so spricht es Jesaja zu uns. Und er gibt auch die Antwort für dieses Fasten.“
„Wenn du dann rufst, wird der Herr dir Antwort geben und wenn du um Hilfe schreist, wird er sagen, hier bin ich. Wenn du der Unterdrückung bei dir ein Ende machst, auf keinen mit dem Finger zeigst, niemand verleumdest, dem Hungrigen dein Brot reichst und den Darbenden satt machst. Dann geht im Dunkel dein Licht auf und deine Finsternis wird hell wie der Mittag.
Der Herr wird dich immer führen, auch im dürren Land macht er dich satt und stärkt deine Glieder. Du gleichst einem bewässerten Garten, einer Quelle, deren Wasser niemals versiegt.“
Br. Jan Hermanns