Das Kreuz in der Ehe
Ja, das Kreuz spielt auch in der Ehe eine Rolle.
Das Wort, das Jesus gesagt hat:
„Wer mein Jünger sein will, der nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach“.
Dieses Wort gilt auch für die Ehe. Wir können übertragen auch sagen, wer sich in einer Ehe auf einen Partner einlassen will, bis dass der Tod die beiden scheidet, der muss auch Ja gesagt haben zum Kreuz. Anders wird es ihm kaum möglich sein, eine Ehe zu meistern.
Die Flitterwochen halten nicht immer an. In jedem Hoch in einer Beziehung folgt immer auch ein Tief. Das ist die Erfahrung, die wir Menschen machen, egal ob es in der ehelichen Gemeinschaft ist oder in der anderen Gemeinschaft mit Menschen.
Es ist nicht immer Happy Day, es ist nicht immer alles nur rosig. Es kommen die schweren Tage, die dunklen Zeiten, die Zeiten der Prüfung.
Die Ehe, liebe Schwestern und Brüder, ist eine Schule der Liebe. Wir müssen immer wieder, bis zu unserem Lebensende, in diese Schule gehen. Keiner von uns kann sagen, dass er ausgelernt hat. Und zu dieser Schule der Liebe gehört es auch, durchs Kreuz zu gehen.
Auch in der Ehe geht der Weg zur Auferstehung durch das Kreuz.
Unsere Liebe wird geläutert, unsere Liebe muss reifen und sie reift oft gerade dadurch, dass wir durch schwere Zeiten miteinander durchgehen.
Unsere Liebe wird geprüft. Wir sprechen nicht umsonst vom Feuer der Liebe. Es ist ein Feuer der Reinigung.
Es erweist sich in einer Ehe, ob die Ehe zueinander echt war, ob sie wirklich durchs Feuer geht, ob wir wirklich zueinander stehen, in guten wie in schlechten Zeiten. Oder ob die Liebe keine Wurzeln hat, etwas Unbeständiges ist, nur ein Gefühl. Liebe ist mehr wie ein Gefühl.
Liebe, so heißt es in einem Lied, das sind Worte und Taten, Liebe, das ist eine Entscheidung.
Liebe ist eine Entscheidung.
Es ist nicht nur ein Gefühlsausdruck, es ist ein Ja. Menschen sagen einander ein Ja. Sie erklären sich bereit, mit dem andern durch dick und dünn zu gehen. Und dann ist es Liebe, wenn wir zum andern auch in den schweren Zeiten unseres Lebens stehen, wenn wir ihn dann nicht „wegwerfen“. Und auch, wenn wir uns nicht von irgendwelchen Ködern abhalten lassen, indem wir Versuchungen erliegen. Liebe ist treu, Liebe ist für den andern da, auch in den schweren Zeiten des Lebens.
Wenn wir nicht Ja sagen, auch zum Kreuz in der Ehe, dann ist Ehe faktisch nicht möglich.Liebe ohne Kreuz gibt es nicht. Die Liebe geht durch den Schmerz, die Liebe geht durch das Kreuz.
Das ist das Feuer, in dem die Liebe geprüft wird. Die Liebe kann zerbrechen am Kreuz und sie kann am Kreuz wachsen.
Die Liebe ist der Prüfstein, der Prüfstein für unser Leben, der Prüfstein für unsere Liebe, auch der Prüfstein für Ehe und Familie.
Auch Kinder sind nicht immer nur eine reine Freude, das wissen alle, die Kinder groß gezogen haben.Es gibt schöne Zeiten, in denen wir uns durch die Kinder beschenkt wissen.
Wie kann das Kinderherz das Herz von Erwachsenen verändern, wie kann ein Kinderlachen uns aus einer tiefen Stimmung in die Freude führen. Kinder befreien uns. Was wäre die Welt ohne Kinder! Wie arm wäre unser Leben, wenn wir nicht immer wieder Kindern begegnen würden. Nicht umsonst sagt ja auch Jesus: „ Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder.“
Und dennoch wissen wir auch, dass Kinder nicht immer eine Freude sind, dass Kinder Eltern auch viel Kummer bereiten können. Dass sie viel Not haben können, auch mit Kindern, vor allem mit solchen, die einen andern Weg gehen als der Weg, den sie für sie gedacht haben.
Kinder, die vom guten Weg abkommen, Kinder, die vielleicht drogenabhängig werden, die Mist bauen, im Gefängnis landen, Kinder, die schwer verunglücken.
Es gibt viele Möglichkeiten, durch Kinder in Not zu geraten, auch in dieser Hinsicht.
Ist die Ehe geprüft, ist das Ja der Ehepartner geprüft?
Ohne Liebe ist eine Familiengründung nicht möglich, ohne Liebe, die auch bereit ist, durch den Schmerz, durch die Enttäuschungen, durch die Verletzungen hindurch zugehen.
Was wir brauchen, ist eine Liebe, die nicht sich selber sucht, sondern eine Liebe, in der es um den andern geht.
Nur diese Liebe wird bereit sein, auch dann zum andern zu stehen, wenn er uns enttäuscht oder verletzt, wenn wir durch sein Leid auch selber in Leid kommen.
Die Liebe hält all dem stand, ja die Liebe wächst über all das hinaus.
Wir können am Leid zerbrechen oder wir können an ihm wachsen. Wir können durch das Leid uns innerlich verschließen, weil wir den Schmerz nicht mehr ertragen oder wir können durch das Leid reife, erfüllte Menschen werden. Das Leid ist ein Prüfstein für die Liebe, die Not ist ein Prüfstein. Das Kreuz ist der Prüfstein für unser Leben. Wir wachsen am Kreuz oder wir zerbrechen unter seiner Last.
So werden wir auch in Ehe und Familie mit dem Geheimnis des Kreuzes konfrontiert.
„Wer mein Jünger sein will, der nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach“.Diese Worte Jesu gelten auch für den Jünger, der sich auf eine Ehe einlässt. Sie gelten auch für eine Familiengründung.
Das Kreuz gehört zu unserm Leben. Wir werden herausgefordert, unser Kreuz auf uns zu nehmen. Unser Leben wird anders gelingen, wenn wir unser Kreuz annehmen, als wenn wir unserem Kreuz davonlaufen und immer nur die schönen Seiten des Lebens suchen.
Was sind das für Menschen, die immer wieder davonlaufen. Sie sind nicht glücklich, auch wenn sie sich immer wieder das Bequemere suchen und in schweren Zeiten nicht durchstehen.
Menschen, die mit uns durch dick und dünn gehen, von solchen Menschen fühlen wir uns getragen. Das sind Menschen, durch die wir Liebe erfahren. Die andern aber, die vor dem Kreuz davonlaufen, sind Menschen, die letztlich über kurz oder lang an ihrem Leben zerbrechen. Wir können das schon beobachten, wenn wir die Suchtproblematik betrachten.
Wie viele Menschen scheitern, weil sie davonlaufen, weil sie immer auf der Flucht sind, weil sie immer wieder das Bequemere suchen.
Diese Versuchung gibt es auch in der Ehe, in der Familie. Wie viele brechen aus einer Ehe, aus einer Familie heraus, weil es mit einem anderen Partner leichter erscheint.Wie viele halten den harten Alltag nicht aus und flüchten dann in eine neue Beziehung, die rosig erscheint, bis auch in dieser Beziehung sich die Ernüchterung einstellt.
Die Liebe will reifen. Liebe ist nicht möglich, wenn wir von einem zum andern Partner springen und immer das Bequemere suchen.
Die Liebe, die muss durch all das Schwere auch durchgehen, dann erweist sie sich, dann trägt sie, dann trägt auch unser Ja in der Ehe, bis dass der Tod uns scheidet.
Unser Leben, liebe Schwestern und Brüder, ist ein Kampf, ein Kampf zwischen Egoismus und Liebe. Ein Kampf um die Liebe, ein Kampf ums Leben. Es gibt viele Kräfte, die uns vom Leben abhalten wollen. Es ist die Umwelt, die Welt der Bequemlichkeit, der Oberflächlichkeit. Es sind die vielen Versuchungen unseres Lebens.
Es ist schließlich unsere Versuchung, dem Schmerz auszuweichen, um schmerzfrei zu leben, wobei wir wissen, dass das nicht geht.
Unsere Ehe kann ein Ort der Liebe sein oder sie kann ein Fluchtort werden. Wir können in eine Ehe fliehen und auch aus der Ehe heraus fliehen. Der Prüfstein ist die Liebe. Daran werden wir geprüft. Immer wieder geht es um die Liebe.
Es geht darum, ob meine Liebe stärker ist als meine Selbstsucht, stärker als meine eigenen Wünsche und mein eigenes Verlangen, stärker als die Verletzungen, die Menschen mir zufügen.
Br. Jan Hermanns